12.11.2019

Innergemeinschaftliche Lieferungen neuer Fahrzeuge an Privatpersonen: Finanzamt an PrĂŒfungsentscheidungen gebunden

In der Vergangenheit hat sich der EuropĂ€ische Gerichtshof (EuGH) bereits mehrfach zu steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferungen geĂ€ußert. Eine Entscheidung aus dem Jahr 2017 zeigt einen wichtigen verfahrensrechtlichen Aspekt. Sofern die Finanzbehörde die betroffenen UmsĂ€tze und Unterlagen geprĂŒft und nicht beanstandet hat, darf sie die Steuerbefreiung nicht nachtrĂ€glich versagen (Grundsatz der Rechtssicherheit).

In einem portugiesischen Vorabentscheidungsersuchen ging es um die Steuerbefreiung fĂŒr die innergemeinschaftliche Lieferung neuer Fahrzeuge. Ein portugiesischer AutomobilhĂ€ndler verkaufte ein hochpreisiges Neufahrzeug an einen angolanischen Abnehmer nach Spanien. Der Abnehmer legte dem HĂ€ndler im Vorfeld der Lieferung seine spanische AuslĂ€nder-Identifikationsnummer samt behördlich erteiltem Dokument und Kopie seines angolanischen Reisepasses vor. Daraufhin stellte der HĂ€ndler die Lieferung steuerfrei. Nach erfolgter Lieferung und technischer ÜberprĂŒfung in Spanien reichte der Abnehmer eine Bescheinigung darĂŒber sowie der Zulassung in Spanien nach. Die portugiesischen Behörden prĂŒften die Unterlagen und akzeptierten zunĂ€chst die Steuerfreiheit der Lieferung.

Da sich aus den Adressangaben des Abnehmers Abweichungen ergaben und die Zulassung in Spanien nur zeitlich begrenzt war, versagten die portugiesischen Behörden spÀter die Steuerbefreiung.

Der EuGH entschied, dass es fĂŒr die Steuerbefreiung unschĂ€dlich war, dass der Abnehmer seinen Wohnsitz nicht im Bestimmungsland hatte. UnschĂ€dlich sei es ebenfalls, wenn der Abnehmer das Fahrzeug im Bestimmungsmitgliedstaat nur vorĂŒbergehend zugelassen habe. Die Zulassung sei keine Voraussetzung fĂŒr die Steuerbefreiung. Sofern im Bestimmungsland eine Steuerhinterziehung begangen worden sei und die Behörde deshalb die Steuerbefreiung versagen wolle, mĂŒsse anhand objektiver UmstĂ€nde bewiesen werden, dass der VerkĂ€ufer gewusst habe oder hĂ€tte wissen mĂŒssen, dass der Umsatz mit einem Steuerbetrug des Erwerbers verknĂŒpft gewesen sei. FĂŒr den Fall, dass der VerkĂ€ufer die Unterlagen fĂŒr die Steuerbefreiung vorgelegt hat und die zustĂ€ndige Behörde diese Unterlagen geprĂŒft und akzeptiert hat, gilt der Grundsatz der Rechtssicherheit.

Hinweis: Der Grundsatz der Rechtssicherheit verwehrt, dass ein Mitgliedstaat einen VerkÀufer spÀter wegen eines vom Erwerber begangenen Steuerbetrugs, von dem der VerkÀufer weder Kenntnis hatte noch haben konnte, zur Zahlung der auf diese Lieferung entfallenden Mehrwertsteuer verpflichten kann.




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