11.04.2018

Hörsturz des ProzessbevollmĂ€chtigten: Finanzgericht muss mĂŒndliche Verhandlung verschieben

Verfahrensbeteiligte haben vor Gericht einen Anspruch auf rechtliches Gehör: Ihnen muss die Gelegenheit gegeben werden, sich zu den entscheidungserheblichen Tatsachen und Beweisergebnissen zu Ă€ußern und ihre Rechtsansichten vorzutragen. Missachtet ein Finanzgericht (FG) diesen Grundsatz, liegt ein Verfahrensfehler vor, so dass der Bundesfinanzhof (BFH) das finanzgerichtliche Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurĂŒckverweisen kann.

Ein neuer BFH-Beschluss zeigt, dass der Anspruch auf rechtliches Gehör unter anderem dann verletzt wird, wenn ein Gericht eine mĂŒndliche Verhandlung durchfĂŒhrt, obwohl ein Verfahrensbeteiligter einen Antrag auf Terminsverlegung gestellt und dafĂŒr erhebliche GrĂŒnde vorgebracht hat.

Im vorliegenden Fall hatte eine RechtsanwaltssozietĂ€t am Tag der mĂŒndlichen Verhandlung beim FG Köln eine Terminverlegung beantragt und auf einen schwerwiegenden Hörsturz der zustĂ€ndigen RechtsanwĂ€ltin verwiesen. SpĂ€ter reichte die SozietĂ€t ein Attest nach und erklĂ€rte, dass kein anderer Rechtsanwalt der SozietĂ€t vor Ort sei. Das FG Köln fĂŒhrte die mĂŒndliche Verhandlung trotzdem durch und sprach ein klageabweisendes Urteil.

Der BFH hob dieses Urteil nun wegen eines Verfahrensmangels auf und verwies darauf, dass eine Erkrankung des ProzessbevollmĂ€chtigten nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu den „erheblichen GrĂŒnden“ fĂŒr eine Terminsverlegung zĂ€hle. Die SozietĂ€t habe die Erkrankung der zustĂ€ndigen RechtsanwĂ€ltin hinreichend glaubhaft gemacht, so dass die mĂŒndliche Verhandlung hĂ€tte verschoben werden mĂŒssen.

Zwar darf ein Gericht am Termin einer mĂŒndlichen Verhandlung festhalten, wenn die Prozessvollmacht auf eine SozietĂ€t ausgestellt ist und der Termin durch ein anderes Mitglied dieser SozietĂ€t sachgerecht wahrgenommen werden kann. Im vorliegenden Fall war dem FG aber mitgeteilt worden, dass andere RechtsanwĂ€lte den Termin nicht wahrnehmen könnten. DarĂŒber hinaus war nach BFH-Meinung eine kurzfristige Terminvertretung durch einen anderen Kollegen ohnehin nicht zumutbar gewesen, weil es sich um einen umfangreichen Streitstoff handelte und die erforderliche Einarbeitungszeit nicht bestand.

Hinweis: Der BFH verwies den Rechtsstreit zurĂŒck an das FG Köln, das den Fall nun erneut aufrollen muss.




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