03.01.2018

Verlustabzug: Vorlage zum vollstÀndigen Verlustabzug an das Bundesverfassungsgericht

Das Finanzgericht Hamburg (FG) hat in einem Beschluss den durch einen ĂŒberwiegenden Gesellschafterwechsel verursachten vollstĂ€ndigen Verlustuntergang als möglicherweise verfassungswidrig beurteilt. Nunmehr hat es auch den maßgeblichen Sachverhalt und vor allem die BeschlussbegrĂŒndung zu diesem bedeutenden Verfahren, das dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) vorgelegt worden ist, veröffentlicht.

In dem zugrundeliegenden Streitfall hatte die bisherige Alleingesellschafterin einer GrundstĂŒcksentwicklungs-GmbH ihre Anteile im Jahr 2008 an einen Konzern verkauft. Bis dahin hatte die Gesellschaft allerdings Verluste erwirtschaftet, die nach Meinung des zustĂ€ndigen Finanzamts, das sich auf den mit Wirkung vom 01.01.2008 eingefĂŒhrten § 8c Satz 2 KStG berief, durch den Gesellschafterwechsel untergegangen sind.

Die Hamburger Richter sehen in dieser Vorschrift einen Verstoß gegen das sogenannte Trennungsprinzip, wonach die SphĂ€re der Gesellschaft steuerlich strikt von der SphĂ€re des Gesellschafters zu trennen ist. Denn fĂŒr den Verlustuntergang werde allein auf die Ebene des Gesellschafters abgestellt; die wirtschaftliche LeistungsfĂ€higkeit der Gesellschaft hĂ€nge aber gerade nicht davon ab, wer Gesellschafter sei und wer die Kontrolle innehabe.

Eine Rechtfertigung fĂŒr diese Durchbrechung des Trennungsprinzips konnten die Richter nicht erkennen. Eine Verhinderung missbrĂ€uchlicher Gestaltungen scheide jedenfalls aus, weil die Regelung keine typischen MissbrauchsfĂ€lle erfasse, sondern vielmehr auch jeden „Normalfall" eines Gesellschafterwechsels sanktioniere und damit als allgemeiner Abzugsausschluss wirke.

Auch die fĂŒr eine Verlustnutzung erforderliche Wahrung der wirtschaftlichen IdentitĂ€t der Gesellschaft gehe durch die ĂŒberwiegende AnteilsĂŒbertragung nicht verloren. Die unwiderlegbare Vermutung, dass bereits die Möglichkeit der Einflussnahme des KĂ€ufers die Gesellschaft zu einer „anderen“ mache, sei nicht tragfĂ€hig. Durch den Verzicht auf eine EinschrĂ€nkung der Wirkung auf tatsĂ€chliche MissbrauchsfĂ€lle verfehle die Vorschrift ihren Zweck, nĂ€mlich Änderungen der wirtschaftlichen IdentitĂ€t zu erfassen.

Hinweis: Da das BVerfG schon beschlossen hat, dass der teilweise Verlustuntergang verfassungswidrig ist, stehen die Chancen gut, dass auch der vollstÀndige Verlustuntergang als verfassungswidrig eingestuft wird. Betroffene FÀlle sollten in jedem Fall mit dem Einspruch offengehalten werden.




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